Zur Baugeschichte
Über die Anfänge der Abtsdorfer Kirche liegen keine urkundlichen Nachrichten vor. Wir können aber davon ausgehen, dass Abtsdorf – wie die meisten sächsischen Siedlungen – schon sehr früh eine hölzerne Kirche besessen hat. Die Wohnhäuser bestanden damals sowieso aus Holz. Unbekannt ist ihr Standort. Man kann aber zumindest nicht ausschließen, dass sie sich im Bereich der ursprünglichen Dorfanlage befand, die, wie an anderer Stelle ausführlich dargestellt, den mittleren Abschnitt der bergseitigen Zeile der heutigen Langgasse einnahm.
Erst nachdem im Zuge der Ortserweiterung die Ostseite der Repa und das Kirchgässchen bebaut worden waren, scheint für die Kirche der jetzige Standort festgelegt worden zu sein. Allerdings hatte man damals schon eine um die Kirche zu errichtende Umwallung ins Auge gefasst, da von einer Bebauung im Bereich der Kirche abgesehen wurde. Die heutige Kirche ist wahrscheinlich Mitte des 15. Jahrhunderts als spätgotische, einfache Saalkirche gebaut worden. An den anfangs gotischen Stil der Kirche erinnerten die ursprünglichen Spitzbogenfenster an der Südseite, die aber zum Teil zugemauert bzw. vergrößert worden sind. Möglicherweise war sie turmlos wie die des benachbarten Magarei.
Die ersten schriftlichen Aufzeichnungen über die Abtsdorfer Kirche stammen aus dem Jahre 1520. Damals erhielt “Appesdorff” für Befestigungsarbeiten an der Kirche von den Sieben Stühlen eine Unterstützung von 6 Gulden. Zu gleichem Zweck erhielt die Gemeinde auch im folgenden Jahr eine Beihilfe. Allerdings scheint es sich hier um Bauarbeiten an der Abtsdorfer Kirchenburg gehandelt zu haben, denn das eigentliche Kirchengebäude ist nie zu Verteidigungszwecken umgebaut worden.
Erst ca. 200 Jahre später erfahren wir etwas mehr über die Kirche. So wird im Jahre 1748 über eine umfangreiche Renovierung des Gotteshauses berichtet. Sie erfolgte mit Unterstützung der Stadt Hermannstadt und der Sächsischen Nationsuniversität. Dabei wurde das “durchsichtige, baufällige Schindeldach” abgerissen und ein neuer, mit Ziegeln gedeckter Dachstuhl aufgesetzt. Auch die in “miserablem Zustand” befindlichen Mauern und Strebepfeiler wurden von Grund auf repariert, die schmalen Spitzbogenfenster zum Teil zugemauert und durch neue Fenster ersetzt. Die Jahreszahl 1763 an der Ostseite des Triumphbogens weist auf den Umbau des Chors hin. Seine flache Holzdecke wurde durch das heutige Stichkappentonnengewölbe ersetzt.
Sieben Jahre später, also 1770, erfolgte ein noch größerer Eingriff. Die Holzdecke des Kirchenschiffes wurde beseitigt und an deren Stelle trat – wie über den Chorraum – ein Tonnengewölbe mit Stichkappen über den Fenstern. Es ist nicht auszuschließen, dass erst während dieser Umbauphase ein einheitliches Dach über Schiff und Chor aufgesetzt wurde. 1771 errichtete man schließlich eine Sakristei an der Nordseite, die später dann beseitigt worden ist. Damit scheint die Kirche ihr heutiges Aussehen erhalten zu haben.
Die erste zeichnerische Darstellung der Kirche findet sich auf dem kolorierten Abtsdorfer Kartenblatt der ersten Landesaufnahme Siebenbürgens von 1769 – 1773. Darauf wird die Abtsdorfer Kirche als Miniatursilhouette wiedergegeben. Die Zeichnung ist aber zu klein und ungenau, um daraus baugeschichtliche Schlussfolgerungen ziehen zu können. Bloß soviel ist ersichtlich, dass die Kirche von einer Ringmauer umgeben war. Im beschreibenden Anhang zum genannten Kartenblatt wird lapidar vermerkt: “Die hier befindliche Kirche, nebst einiger Häuser seynd Von stein erbaut.”
In der Konskription von 1788 wird schließlich das Gotteshaus als ein von einer Ringmauer umgebener “Steinbau mit Ziegeldach” bezeichnet.
Die erste Beschreibung der Abtsdorfer Kirche, in der auch die vorher genannte Sakristei erwähnt wird und zudem noch Angaben über die Maß- und Raumverhältnisse gemacht werden, findet sich in einem so genannten “Inventarium”, einer Aufstellung über die Kirchengüter, die vom damaligen Ortspfarrer Johann Michael Mangesius am 30. Juni 1819 angelegt worden ist.
Darin heißt es: “Die Kirche, ein ziemlich regelmäßiges, dauerhaftes und ganz gewölbtes Gebäude, nebst der sogenannthen Sakrystei oder Gerät Kamer: hat inwendig in der Länge 13 Klafter und 3 1/2 Schuh (25,69 m, d.V.), in der Breite 5 Klafter (9,45 m, d.V.); ist mit einer Ringmauer umgeben, liegt der Länge nach gegen Morgen; grenzt von Westen und Norden an zwei Gassen, von Ost und Süd ist sie von Gärten umgeben” .
Dass die 1819 ermittelte Breite der Kirche von der von heute abweicht, liegt daran, dass damals auch die Breite der Sakristei mit einbezogen wurde
Bevor wir uns der Inneneinrichtung der Kirche zuwenden, sei kurz auf die im letzten Jahrhundert an Kirche und Turm durchgeführten Instandsetzungs- und Renovierungsarbeiten eingegangen.
Das Gedenkbuch der evangelischen Schule in Abtsdorf verzeichnet für 1926, als der Turm zwei neue Glocken erhielt, Ausbesserungsarbeiten am Glockenturm. Aus demselben Gedenkbuch erfahren wir, dass der Turm 1940 einen neuen Anstrich erhielt. Seither ist der Turm nicht mehr gestrichen worden.
Anfang der 60er Jahre kam auch für die Kirche die Zeit einer gründlichen und umfangreichen Renovierung. So wurde 1961 bis 1964 durch einen Bautrupp des Landeskonsistoriums in Hermannstadt am Oberrand des Chors und der Apsis ein jetzt unsichtbarer Eisenbetongürtel eingezogen, Risse im Mauerwerk wurden ausgebessert und somit dieser Teil des Kirchengebäudes weitgehend konsolidiert. Bei dieser Gelegenheit wurde auch das elektrische Licht in die Kirche eingeführt, schließlich wurde sie innen und außen neu angestrichen.
Um an Kosten zu sparen, leisteten die Gemeindeglieder Hunderte freiwilliger Arbeitsstunden für Handlangerdienste, und die Kirchengemeinde übernahm die Beköstigung der Bauleute.
1978 kam es zu einer gründlichen Reparatur des Turmes. Das Turmdach wurde weitgehend erneuert. Dabei wurde auch ein neuer Turmknopf aufgesetzt und ein Blitzableiter angebracht.
1984 erfolgte die Ausbesserung des Kirchendaches. Auch diesmal konnten die Kosten dank des großen Einsatzes der Gemeindeglieder verhältnismäßig gering gehalten werden.
Darüber berichtet der damalige Kurator Wilhelm Pelger wie folgt: Da in der Kasse wenig Geld vorhanden war und man keine Handwerker bezahlen konnte, beschlossen Presbyterium und Gemeindevertretung, diese Arbeiten durch Eigenleistung der Gemeindeglieder auszuführen. Dies konnte aber nur am Sonntag geschehen, weil die jungen Leute werktags in den Fabriken beschäftigt waren. Am Samstag wurde die Giebelseite mit Mörtel eingelegt und alles vorbereitet. Am Sonntag in der Früh nahmen alle Helfer an der Morgenandacht teil und nachher wurde fleißig angepackt. Das ganze Dach wurde Ziegel für Ziegel verlegt und die kaputten Ziegel durch neue ersetzt. Dies dauerte bis gegen Abend. Anschließend gab es zur Belohnung reichlich Krapfen und Schnaps. Zum Glück war nichts passiert, denn ohne Gerüst war dies eine äußerst gefährliche Arbeit”.
Schließlich erhielt die Kirche 1989 innen und außen einen neuen Anstrich. Die Kosten lagen bei insgesamt 20.000 Lei. Sie hat nun nicht mehr den gelben Farbton der 60er Jahre, sondern strahlt in einem leuchtenden Weiß. Die Kirche hat über 500 Jahre ihren Dienst getan. Der letzte Gottesdienst fand am 29. Juli 1994 statt.
Da die Kirche nicht mehr benutzt wird, ist ihr Erhaltungszustand schlecht. Die Bodenfeuchte ist an den Innenwänden stellenweise meterhoch gestiegen und der Verputz zum Teil herabgefallen. Die Kirche kann vor dem Verfall nur gerettet werden, wenn sie an die orthodoxe Kirchengemeinde verschenkt und von dieser als Gotteshaus genutzt wird. Sonst wird ihr das gleiche Schicksal zuteil, wie dem danebenstehenden ehemaligen Schulgebäude und der ehemaligen Lehrerwohnung, die – mehrere Jahre nicht genutzt – zur Ruine geworden sind.