Die Lage im Naturraum

Ein kleines Dorf im Herzen Siebenbürgens
Quelle: Michael Konnerth (1997): Abtsdorf – ein ehemals deutsches Dorf in Siebenbürgen, Seite 20-22

Naturräumlich gesehen gehört Abtsdorf zum Harbachhochland, einem hoch gelegenen, stark gegliederten Hügel- und Bergland Südsiebenbürgens, das von seiner Form her teilweise einen recht schmalen Streifen von 12 bis 20 km bildet. Nach Nordwesten und Südosten wird es von zwei fast parallel laufenden Bergketten abgeschlossen. Die rechtsseitige Bergkette, Großkokler Höhenzug genannt, scheidet die Zuflüsse der Großen Kokel von denen des Harbachs. Die linksseitige Kette, die Harbachhöhenzug genannt wird, bildet die Wasserscheide zwischen Alt und Harbach. Die Bergzüge des Harbachhochlandes, die absolute Höhen von etwa 500 bis über 700 m erreichen, sind meist abgeflacht und die Höhen mit ausgedehnten Eichen- und Buchenwäldern bedeckt. Zwischen den Bergzügen erstrecken sich gewöhnlich weite und oft sumpfige Täler, die zwischen 407 und 584 m liegen.

Entwässert wird das Gebiet vom Harbach, der bei etwa 675 m über NN (Normalnull) am Scharoscher Berg (725 m) entspringt und bei 380 m über NN in den Zibin, einem rechten Nebenfluss des Alt, mündet. Mit 295 m Höhenunterschied zwischen Quelle und Mündung ist die Reliefenergie des Harbachs beachtlich, was zur weiteren Zerklüftung des Geländes beiträgt. Der Harbach fließt fast in derselben Richtung wie Große Kokel und Alt. Seine Länge beträgt knapp 90 Kilometer, und er entwässert ein Einzugsgebiet von 1042 km². Da das Harbachtal aber viel höher liegt als das der Großen Kokel, ist sein Klima bedeutend rauer und daher für den Weinbau nicht geeignet.

In das vom Harbach gebildete Haupttal münden meist kurze, muldenförmige und schräg verlaufende Nebentäler, die sich wiederum in kleinere Tälchen aufspalten. Abtsdorf liegt in einem rechtsufrigen Seitental des Harbachs, das etwa 4 km südlich von Agnetheln, dem bedeutendsten Ort der Gegend, schräg in das Haupttal mündet. Der Ort nimmt den oberen Teil dieses etwa 10 km langen Nebentals ein, von dem bei Bürgisch, knapp 5 km von Abtsdorf entfernt, nach rechts das Magareier Tal abzweigt.

Nach Norden reicht die Abtsdorfer Gemarkung bis an die Fettendorfer Berge, welche in diesem Gebiet die Wasserscheide zwischen den Zuflüssen der Großen Kokel und denen des Harbachs darstellen. Somit liegt der Ort am Nordwestrand des Harbachhochlandes, etwa 8 km in Luftlinie und 15 km auf der Landstraße nordwestlich von Agnetheln entfernt. Über Jahrhunderte war Agnetheln als bedeutendes Handelszentrum und Marktort, in jüngerer Zeit als Verwaltungsmittelpunkt mit Schulzentrum, Krankenhaus und Apotheke, für Abtsdorf von besonderer Bedeutung. Bis zur südlich gelegenen Großgemeinde Bürgisch, dem Abtsdorf seit 1950 verwaltungsmäßig angehört, sind es, wie eben angedeutet, knapp 5 km, bis zu dem südöstlich gelegenen Kabisch 7 km und bis nach Magarei, das nordwestlich von Abtsdorf liegt, etwa 3 km.

Überschreitet man nach Norden die Fettendorfer Berge, erreicht man nach etwa 10 km Entfernung Großkopisch und die stattliche Gemeinde Birthälm, die nach der Reformation über 300 Jahre lang Sitz der Sachsenbischöfe war. Schließlich gelangt man über mehrere Bergrücken in nordwestlicher Richtung in die Weinorte Reichesdorf und Nimesch, wo die besten Weine Siebenbürgens gedeihen. Die Abtsdorfer hatten verwandtschaftliche Beziehungen zu den Bewohnern beider Orte.

Die nächstgelegenen größeren Städte, die für Abtsdorf von Bedeutung waren, sind das etwa 50 km südwestlich gelegene Hermannstadt sowie Mediasch, die Stadt an der Großen Kokel, bis zu der es knapp 25 km sind. Auch Schässburg, ebenfalls an der Großen Kokel gelegen und ca. 40 km von Abtsdorf entfernt, diesmal aber in nordöstlicher Richtung, war nach der Verwaltungsreform von 1876 vor allem als Verwaltungsort und Schulzentrum für Abtsdorf bedeutsam.

Wer Abtsdorf auf der Erdkugel sucht, findet es am Schnittpunkt des Parallelkreises von 46° 2′ 45″ nördlicher Breite und dem Meridian von 24° 35′ 30″ östlicher Länge. Der Ort liegt auf demselben Breitengrad wie etwa Zagreb, der Comer See oder der Genfer See, also rund 250 bis 350 km südlicher als die Großräume Stuttgart und München, wo ein Großteil der ausgewanderten Abtsdorfer eine neue Heimat gefunden hat.