Kennzeichen der Abtsdorfer Tracht

Die Abtsdorfer Tracht gehört mit zur Trachtenlandschaft des Harbachtals.
Kennzeichnend für die echte, altüberkommene Abtsdorfer Tracht sind eine gewisse Einfachheit und Bescheidenheit bei der Wahl der Farben und des Schmucks, offensichtlich bedingt durch die wirtschaftlich etwas ungünstigere Entwicklung dieses Landstrichs im Vergleich zu den reichen Gemeinden des Weinlandes oder des Burzenlandes, wo Farbenreichtum und Trachtenschmuck erheblich aufwendiger ausfallen.


Vor allem war in Abtsdorf der aufwendige, von siebenbürgischen Goldschmieden phantasievoll gefertigte Trachtenschmuck, wie beispielsweise das altüberlieferte Heftel und der prunkvolle, mit vergoldeten Silberbuckeln versehene Spangengürtel, nicht bekannt. Auch die Bockelnadeln sind nicht wie in den reichen siebenbürgischen Gemeinden mit Edelsteinen, sondern lediglich mit bunten Glasperlen geschmückt.

Vielleicht hat man in Abtsdorf neben der verkehrsbedingten Abgeschiedenheit des Ortes eben auch aus Kostengründen an der Überlieferung besonders festgehalten. Alte Trachtenformen, wie beispielsweise der reich bestickte und mit Lederapplikationen versehene schaflederne Männerpelz oder der zur Frauentracht gehörende “Krause Mantel”, haben sich in Abtsdorf unverfälscht bis zu der durch die Auswanderung bedingten Auflösung der Dorfgemeinschaft 1990/91 erhalten.

Während man bei der Wahl der Farben und des Schmucks eine gewisse Zurückhaltung an den Tag legte, war die Fülle der verschiedensten kunstvollen Sticharten, in denen die Ausschmückung der einzelnen Trachtenstücke erfolgte, sehr reichhaltig. Wenn man bedenkt, wie zeitaufwendig echte Handarbeitskunst ist – und bei der Abtsdorfer Tracht haben wir es durchweg mit feinster, von Hand ausgeführter Nadelarbeit zu tun – müssen wir unsere Mütter, Schwestern und Töchter, die mit viel Liebe, Geduld und Ausdauer diese schönen Trachten gefertigt haben, umso mehr bewundern.

Trotz Abgeschiedenheit und zähem Festhalten an der Tradition blieb auch die Abtsdorfer Tracht von städtischen Einflüssen nicht unberührt.
Erste Anzeichen machten sich diesbezüglich bereits in den 30er Jahren mit dem Auftreten der sogenannten “Jungsächsischen”, auch “Blaue Tracht” genannt, bemerkbar. Sie war in den 20er Jahren in Mediasch entstanden und setzte sich nach und nach auch in Abtsdorf durch. Diese neue Tracht mit dem viel kürzeren, nur bis an die Waden reichenden Kittel und dem bunt bestickten Latzel wirkte nicht nur farbenfroher, sondern war auch kleidsamer als die eher eintönig wirkende weibliche Festtracht. Kein Wunder, dass sie dem Geschmack der aufgeschlossenen weiblichen Jugend entsprach und auch in Abtsdorf heimisch wurde.

Der große Wandel trat aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg ein, sicherlich begünstigt von der zunehmenden Mobilität der Abtsdorfer in der Zeit nach 1945.
Einige Trachtelemente, wie zum Beispiel die schwarzen Schnürschuhe oder die ebenfalls schwarzen Baumwollstrümpfe, verschwanden und wurden durch Halbschuhe bzw. von Nylonstrümpfen und Strumpfhosen ersetzt.
Auch an der Burschen- und Männertracht ist der nach 1945 verstärkt einsetzende Wandel nicht spurlos vorübergegangen.
So wurden das ebenfalls bereits in den 20er Jahren in einigen Städten Siebenbürgens getragene weitärmelige und schwarzbestickte Männerhemd und der mit bunten Lederstreifen verzierte Ledergürtel sowie das bunt bestickte schwarze Halstuch übernommen.

Damit haben wir jedoch der Darstellung weit vorgegriffen. Kehren wir deshalb zur Beschreibung der echten, altüberkommenen Abtsdorfer Tracht zurück.
Vorher soll jedoch an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass die Abtsdorfer auch in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg, als die alten Satzungen und Trachtenordnungen zu zerbröckeln begannen, gerne ihre schöne Tracht getragen haben. Dies galt auch für jene Abtsdorfer, die in die Industrie der Städte abgewandert waren. Wenn sie am Wochenende oder an kirchlichen Feiertagen in ihr Heimatdorf zurückkehrten, legten sie die Tracht zum sonntäglichen Kirchgang oder bei festlichen Gelegenheiten an.

Die Abtsdorfer haben bei der Auswanderung ihre schöne, altüberkommene Tracht in die Bundesrepublik Deutschland mitgebracht, die sie bei verschiedenen Festveranstaltungen, wie beispielsweise Trachtenumzügen und Heimattreffen, als Ausdruck ihrer Zusammengehörigkeit anlegen. Im Jahre 1994 wurde anlässlich des 10-jährigen Jubiläums der hier in der Bundesrepublik Deutschland wirkenden Abtsdorfer Nachbarschaft die Abtsdorfer Trachtengruppe gegründet. Seither ist sie von der Gestaltung der Abtsdorfer Nachbarschaftstreffen nicht mehr wegzudenken.

Auch in Abtsdorf unterschied man zwischen Fest- und Alltagstracht sowie zwischen den verschiedenen Altersstufen beider Geschlechter. Es gab die Tracht der Frauen und Mädchen, der Männer und Burschen und auch der Kinder. Dazu gab es Trachtenstücke für gewisse Gelegenheiten wie Hochzeiten und Tanzunterhaltungen. Auch Sommer- und Winterkleidung hatten ihre Besonderheiten.