Beschreibung der Kirche

Evangelisches Kirchengebäude und Glockenturm
Quelle: Michael Konnerth (1997): Abtsdorf – ein ehemals deutsches Dorf in Siebenbürgen, Seite 345-349 und 354-366

Das in der nordöstlichen Ecke der östlichen Straßenfront gelegene Kirchengebäude ist eine spätgotische einschiffige Saalkirche mit polygonalem Chor. Der Innenraum von Langhaus und Chor wird von je einem mit mehreren Gurten versehenen Tonnengewölbe überspannt, das über den runden Fensteröffnungen mit je einer Stichkappe versehen ist. Das 15,80 m lange, 6,70 m breite und 6,20 m hohe Langhaus besitzt vier querrechteckige Joche.

Bemerkenswert sind die eingangs erwähnten und in jedem Joch tief ins Hauptgewölbe hineinreichenden Stichkappen. Sie entstehen dadurch, dass das über den Fensteröffnungen quer zur Achse des Hauptgewölbes verlaufende Gewölbe sich mit diesem verschneidet. Dadurch konnten die Fensteröffnungen höher angesetzt und bis in die Gewölbezone hinauf verlängert werden.

Den Gewölbedruck fangen die aus den Seitenwänden vorspringenden und mit einer Tragplatte versehenen Pfeiler auf, den Seitenschub die außen an den Seitenmauern angebrachten Strebepfeiler.

Das Langhaus wird von dem sich nach Osten anschließenden und etwas eingezogenen Chor durch einen spitzbogigen Triumphbogen getrennt. Der Chor ist 7,80 m lang, 5,60 m breit und besitzt zwei ebenfalls querrechteckige Joche. Er wird nach Osten durch eine dreiseitige Apsis abgeschlossen. Der Chor ist gegenüber dem Schiff nicht nur 0,80 m schmaler; sein Fußboden liegt auch ca. 0,25 m höher.

Die Seitenmauern des Langhauses und des Chors werden von außen durch insgesamt 10 zweistufige Strebepfeiler gestützt. Sie befinden sich an den Ecken des Chorpolygons an beiden Seiten des Triumphbogens und an den von der West- mit der Nord- und Südwand gebildeten Ecken. Die Strebepfeiler nehmen, wie oben angedeutet, den Seitendruck des Gewölbes auf.

Licht erhält die Kirche durch vier schmale, lang gestreckte Fenster an der Südseite und drei ebensolche Fenster an der Nordseite. Sie haben eine lichte Höhe von 1,80 m und eine Breite von 0,40 m und setzen – vom Fußboden gemessen – erst in einer Höhe von 3,20 m an. Nur das Fenster über der Orgelempore ist etwas kleiner ausgefallen.

Der Chor wiederum besitzt auf jeder Seite je ein Fenster. Die Fenster liegen diagonal gegenüber. Schließlich wurde ein weiteres Fenster an der südöstlichen Apsisseite angebracht. Die drei Fenster im Chor haben eine lichte Höhe von 2,20 m und eine Breite von 0,60 m.
Obwohl unterschiedlich groß, sind die Kirchenfenster gleich gestaltet. Alle besitzen nach innen abgeschrägte Gewände und schließen nach oben mit einem Rundbogen ab. Sie haben eine große Ähnlichkeit mit den Schießscharten an mittelalterlichen Wehranlagen, die als senkrechte Mauerschlitze ebenfalls nach innen abgeschrägte Gewände aufweisen, um beim Gebrauch der Schusswaffen den Aktionsradius erweitern zu können.

Gleich gestaltet wie die Fenster, jedoch etwas größer und wesentlich tiefer gelegen als diese, ist die Türöffnung an der Südseite des Langhauses. Sie hat eine lichte Höhe von 1,90 m und eine Breite von 0,80 m und wurde von den Kindern als Ausgangstür benutzt, wenn diese den Gottesdienst vor der Predigt verließen.

Der Zugang zu der in Ost-West-Richtung ausgerichteten Kirche erfolgt durch ein schlichtes, mit einem Rundbogen versehenes Eingangsportal an der westlichen Schmalseite. Es hat eine lichte Höhe von 1,80 m und eine Breite von 1,20 m. Die Stärke der Außenmauern, die aus roten Mauerziegeln gefertigt sind, liegt bei 0,70 m. Auf ihnen ruht ein ziegelgedecktes Satteldach, das nach Osten, der Apsis entsprechend, dreiseitig abschließt. Nach Westen hingegen wird das Dach durch einen abgewalmten Giebel abgeschlossen.

Dem Eingangsportal schließt sich nach Westen ein 3,50 m langer und 3,20 m breiter Vorbau an. Er ist nach drei Seiten offen und mit einem steilen, ziegelgedeckten Giebeldach versehen. Auffällig sind die stark profilierten Seitenkanten des spitzen Dreieckgiebels, der mit einem Rundfenster versehen ist.

Ein gleich gestaltetes, jedoch bedeutend größeres Rundfenster befindet sich gleich oberhalb des Vorbaus an der Westseite des Kirchengebäudes.
Die Rundfenster der Abtsdorfer Kirche erinnern an das große Rundfenster an der Westfassade der Kerzer Abteikirche. Zudem besteht mit Blick auf Grundriss und Maßverhältnisse eine große Ähnlichkeit zwischen der Abtsdorfer Kirche und der in der ehemaligen Kerzer Abteibesitzung Deutsch-Kreuz bereits im 13. Jahrhundert errichteten Saalkirche, die Anfang des 19. Jahrhunderts abgerissen worden ist.

Aufgrund dieser Feststellungen ist es durchaus denkbar, dass die Abtsdorfer Kirche bereits während der Zugehörigkeit des Ortes zur Kerzer Abtei errichtet worden ist, also vor der Auflösung der Abtei im Jahre 1474. Nach den verheerenden Türkeneinfällen in den 20er Jahren des 15. Jahrhunderts trat bei den in der Folgezeit erbauten Kirchen ihre Wehrfunktion immer stärker in den Vordergrund. Zudem herrschten im 15. und zu Beginn des 16. Jahrhunderts die Saalkirchen vor, und statt Steinbauten wurden mehrfach Ziegelbauten errichtet.

Auch bei der Planung der Abtsdorfer Saalkirche haben mehrfach wehrtechnische Überlegungen eine Rolle gespielt. So wurden die Fenster – wie oben dargestellt – hoch angesetzt und möglichst schmal gehalten. Das diente der besseren Verteidigung. Darüber hinaus sind die Gewände nach innen abgeschrägt, so dass man mit den Schusswaffen einen gewissen Umkreis bestreichen konnte. Es ist nicht ausgeschlossen, dass man das Westportal der Kirche durch ein Fallgitter schließen konnte. Bei etwaigem Eindringen des Feindes in die Kirchenburg bestand somit eine letzte Verteidigungsmöglichkeit von der Kirche aus. Die Abtsdorfer Kirche ist demnach mit großer Wahrscheinlichkeit erst nach 1420, als die Türken immer häufiger in Siebenbürgen einfielen, aber vor 1474, dem Jahr der Auflösung der Kerzer Abtei, errichtet worden.

Die Abtsdorfer Kirche wird in dem umfangreichen Schrifttum über siebenbürgisch-sächsische Kirchen und Kirchenburgen nirgends behandelt. Gustav Treiber hat die Abtsdorfer Kirche nicht vermessen. Bei der Kirche, die er in seinem 1971 erschienenen Buch „Mittelalterliche Kirchen in Siebenbürgen“ unter der Überschrift „Abtsdorf bei Agnetheln. Aposul – Szaszapatfalva“ auf Seite 63 beschreibt, handelt es sich nicht um die Kirche von Abtsdorf bei Agnetheln, sondern um die von Abtsdorf bei Mediasch.
Die gleich lautende Ortsbezeichnung beider Gemeinden hat auch bei Hermann und Alida Fabini in deren Buch „Kirchenburgen in Siebenbürgen“, das 1984 in Leipzig erschienen ist, zu Verwechslungen geführt. So schreiben sie fälschlicherweise einen zwischen Chor und Hauptschiff befindlichen Turm über der Kirche in der Gemeinde Abtsdorf / Mediasch, der inzwischen abgetragen wurde, auch der Kirche in Abtsdorf bei Agnetheln zu, wobei dieser über Letzterer noch stehen soll. Wortwörtlich heißt es bei Fabini: „Der Bau von Türmen zwischen Chor und Hauptschiff ist noch in der Gemeinde Abtsdorf/Ag. und Abtsdorf/Md. (abgetragen) anzutreffen.“

Der westlich der Kirche und getrennt von ihr befindliche viergeschossige Glockenturm wurde 1799 durch den Birthälmer Baumeister Hermann Salzer in der heutigen Gestalt aufgerichtet. Auf das Baujahr weist die Jahreszahl über dem Turmeingang hin. Der Turm hat einen quadratischen Grundriss (5 m x 5 m) mit gewölbtem Erdgeschoss und ist mit einem Pyramidendach versehen.

Den unteren Teil des Daches bildet ein nur sanft geneigter vierseitiger Pyramidenstumpf, über dem sich das steile oktogonale Pyramidendach erhebt, das ein ovaler Turmknopf krönt. Das Gewölbe über dem Erdgeschoss verhinderte das Übergreifen des Feuers auf die oberen Geschosse. 
Über dem Erdgeschoss erheben sich noch drei Geschosse, die von Balkendecken getrennt werden und durch Holzleitern miteinander in Verbindung stehen. Nach außen wird die Nahtstelle zwischen Erdgeschoss und darüber liegendem Turmgeschoss durch einen schmalen Dachvorsprung (Walmfuß) und einem darunter befindlichen Gesims sichtbar gemacht. Darüber befindet sich an der Westseite eine ovale Fensteröffnung mit stark profilierten Rändern. Die Mauerstärke beträgt einen Meter an der Basis und 0,70 m im Bereich des Dachgesimses. Die Mauern sind bis zu einer Höhe von einem Meter aus Bruchstein und darüber aus Mauerziegeln errichtet worden.

Die beiden rechteckigen Türöffnungen an der Ost- und Westseite haben eine lichte Höhe von 2,00 m und eine Breite von 1, 60 m. Auffällig ist das über dem waagerechten, aus Holz gefertigten Türsturz befindliche Bogenfeld an der Westseite, auf dem das Erbauungsjahr 1799 in erhabenen Ziffern angebracht ist. Bemerkenswert sind auch die beiden Hohlkehlen an der Bogenrahmung, deren Scheitel ein Kleeblattmotiv schmückt. Die Hohlkehlen an den seitlichen Türprofilen sind leider in ihrem unteren Teil zerstört worden. Die vier Schallfenster der Glockenstube werden ebenfalls von aus der Mauerfläche hervorspringende Bogenrahmungen überdeckt, unter denen sich je ein Bogenfeld befindet. Auffällig ist auch der über den Schallfensteröffnungen befindliche Blendbogen.

Die tiefen Einkerbungen im unteren Teil der Fensterlaibung am östlichen Schallfenster gehen auf das Jahr 1926 zurück. Als man in dem Jahr die große Glocke hinaufzog, stellte man fest, dass ihr Durchmesser die lichte Breite des Schallfensters um 16 cm übertraf, so dass man diese Fensteröffnung an beiden unteren Ecken verbreitern musste.

Erwähnenswerte architektonische Details bilden neben den genannten Bogenfeldern und Blendbögen die nur wenig aus der Wand hervortretenden Putzpilaster mit Fuß, Schaft und Kapitell an den vier Wänden des Erdgeschosses, die sich dann auch an den darüber liegenden Geschossen wiederholen und dort bis zur Dachtraufe reichen. Der Schaft ist im oberen Teil kanneliert. Die Pilaster stellen ein wichtiges Element der Wandgliederung dar und verstärken den monumentalen Charakter des Kirchturmes. Auffällig ist auch das Stuckornament unterhalb der Fensteröffnung des zweiten Obergeschosses an der Westseite, das wahrscheinlich ein Herzmotiv darstellt.

Da die Kirchenburg, wie erwähnt, zur Zeit der Errichtung des heutigen Kirchturmes ihre Verteidigungsfunktion schon längst verloren hatte, fehlen an diesem Bau sowohl die Schießscharten als auch der hölzerne Wehrgang, wie man dies an älteren Kirchtürmen in Siebenbürgen auch heute noch beobachten kann. Die großen Schallfenster im vierten Geschoss zeigen, dass die einzige Funktion des Turmes darin bestand, als Glockenturm zu dienen.
Nach Beschreibung des Kirchengebäudes und des Glockenturms soll kurz auf die Baugeschichte der Kirche eingegangen werden.